Geheime Analysen zum Krieg in der Ukraine

Aus dem Inlandsgeheimdienst FSB mehren sich Alarmmeldungen an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sie melden Katastrophe, Kontrollverlust und Chaos. Zugleich stirbt die Hoffnung auf Sieg zuletzt, was ein geheimer Plan zum Sieg über die Ukraine verdeutlichen soll. Einen Innenblick in die fieberhafte Analysetätigkeit des FSB gibt der russische Journalist Wladimir Osetschkin auf seinem Portal Gulagu.net, auf dem er Schreiben von Geheimdienstquellen veröffentlicht. 

Antwort für Putin

Über eines dieser Schreiben berichtete die Welt am 14. März. Die Investigativ-Plattform Bellingcat habe es zwei Kontakten vom Inlandsgeheimdienst FSB vorgelegt, die die Echtheit bestätigten. Darin äußert ein Insider aus dem Geheimdienst die apokalyptischen Worte: „Um ehrlich zu sein, die Büchse der Pandora ist geöffnet. Bis zum Sommer beginnt ein echter Horror weltweiten Ausmaßes. Eine globale Hungersnot ist unvermeidlich. Russland und die Ukraine waren die Hauptlieferanten für Getreide in der Welt. Die diesjährige Ernte wird geringer sein und logistische Probleme mit sich bringen, die die Katastrophe auf die Spitze treiben werden.“ In einem weiteren Brief erklärt ein Analyst: „Nun zu Ihrer Frage… Ich bestätige sofort: die Situation ist außer Kontrolle. Jedes Modell hat einen zeitlichen Planungshorizont. Es gibt Parameter mit Grenzen zur Funktionstüchigkeit, in denen es funktioniert. Jetzt gibt es nichts davon: Die meisten Parameter wurden vom Bulldozer überrollt, nur durch eine politische Entscheidung.“ 

Alles spricht dafür, dass der Blitzkrieg nicht nur die Ukraine überraschen sollte. Auch die eigenen Leute in Geheimdienst und Regierungsämtern scheinen die Panzer überrollt zu haben. Nur wenige waren offensichtlich in den Vormarsch bis nach Kiew eingeweiht. Das berichtete auch Farida Rustamowa. Sie ist Journalistin und hat für RBK, Meduza, Doschd und BBC Russian Service gearbeitet. Zugleich wirkt es, als wenn viele in Russland, das potemkinsche Dorf von Putins Spezialoperation gegen Neonazis und Drogensüchtige für bare Münze hielten und allmählich aus einem Rausch aufwachen, weil immer noch Krieg herrscht und der eiserne Vorhang sich abermals senkt. 

Ein sogenannter „Siegesplan“ findet sich auf Gulagu.net ebenfalls. Darin umreißt eine FSB-Quelle die Lage und schildert einen Plan, wie der Umsturz in der Ukraine doch noch gelingen kann. Grundlage ist ein Ablenkungsmanöver Maskirowka. Dies richtet sich darauf, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr „Selenskyj unter Druck gesetzt wird, einen äußerlich sanften Friedensvertrag zu unterzeichnen, in dem er die Krim zu Russland gehörig anerkennt, und die Regionen Lugansk und Donezk an die Volksrepubliken Lugansk und Donezk gehen.“ Schlüssel des Plans sollte „der Punkt über die Entmilitarisierung sein, durch den faktisch die Arbeit der ukrainischen Spezialdienste, vor allem der Spionageabwehr, verboten wird.“ Mit verdeckten Aktionen könnten in den Folgejahren die Behörden in Kiew ohne militärische Kampfhandlungen doch noch eingenommen werden. 

Endsieg noch möglich?

„Dieses Szenario ist nicht so verrückt wie die anderen, aber alles basiert wieder auf einigen Annahmen, dass es eine Möglichkeit gibt, in den Verhandlungen Druck auf Kiew auszuüben. Jetzt werden auf höchster Ebene Auslandskontakte ausgearbeitet. Es läuft die Suche nach Ländern, deren Führung unsere Position nichtöffentlich unterstützen und die Druck auf Selenskyj ausüben könnte. Vielleicht ist dies ein weiterer Bluff, vielleicht ist dies eine Analogie zur Armee Wenck in unserer Realität. Generell haben wir jetzt, wie gesagt, ein ziemlich hohes Maß an Chaos.“

China für baldiges Kriegsende in der Ukraine

Der Krieg mit der Ukraine gilt bei alledem als Falle der USA, um Russland und China zu entzweien. Hohe Energiepreise durch Sanktionen ständen China entgegen, was ein chinesisches Ultimatum zum Beenden der Kampfhandlungen auf den Plan rufen würde. Nutznießer aus den Sanktionen könnten dagegen nur die USA sein, da sie aufgrund der Branchenstruktur aus Förderung und Industrie im Land sowohl an teurem als auch billigem Öl verdienen könnten. Ob eine weitere Eskalation inklusive Kampfhandlungen mit Europa, wenn auch begrenzt auf Moldau oder das Baltikum, Erfolg versprechen und den Zusammenbruch im Inland verhindern, sei zweifelshaft. Das Schreiben endet: „Wir sind in der Möglichkeit begrenzt, alle Daten zu überprüfen, aber wir halten es für wichtig, diese Informationen offenzulegen, um vor der Bedrohung der globalen Sicherheit zu warnen. Kein Krieg!“ 

Die FSB-Quelle mit den apokalyptischen Worten aus dem obigen Schreiben sieht keinen Ausweg: „Ich weiß nicht, wer auf die Idee Blitzkrieg mit der Ukraine kam. Wenn wir reale Informationen bekommen hätten, hätten wir zumindest darauf hinweisen können, dass der ursprüngliche Plan umstritten ist, dass man vieles überprüfen muss. Sehr vieles. Jetzt sitzen wir bis zum Hals in der Scheiße. Und es ist unklar, was zu tun ist. „Denazifizierung“ und „Demilitarisierung“ sind keine analytischen Kategorien, weil sie keine klar definierten Parameter haben, anhand derer man den Grad der Erfüllung oder Nichterfüllung der Aufgabe bestimmen kann. Jetzt bleibt abzuwarten, dass irgendein saudummer Berater die Führung überzeugt, einen Konflikt mit Europa zu beginnen mit der Forderung Sanktionen abzumildern. Oder reduzieren, oder Krieg. Was, wenn sie sich weigern? Jetzt schließe ich nicht aus, dass wir dann in einen echten internationalen Konflikt geraten wie Hitler 1939. Und dann wird unser Z mit einem Hakenkreuz mit uns verglichen.“

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